Die Schlichtung zur Zukunft des Bosch-Werks in Hildesheim ist abgeschlossen. Nach einer dritten, entscheidenden Gesprächsrunde unter Leitung von Wilhelm Mestwerdt, Präsident des Landesarbeitsgerichtes, haben sich die IG Metall, Betriebsrat und Arbeitgeberseite bei Bosch auf einen Schlichtungskompromiss verständigt. Dieser sieht vor: Der Standort in Hildesheim (Bosch HiP) bleibt erhalten, betriebsbedingte Kündigungen sind zunächst weiter ausgeschlossen und es gibt eine verlässliche Beschäftigungsperspektive unter Berücksichtigung einer Mindesthaltelinie von Arbeitsplätzen bis 2032.
Bosch hatte im Juli die betrieblichen Gespräche für gescheitert erklärt. Der Konflikt um den angekündigten massiven Stellenabbau in Hildesheim drohte zu eskalieren. Bosch plante zunächst konzernweit den Abbau von 9.000 Stellen und kündigte jüngst den weiteren Kahlschlag von rund 13.000 Stellen im Bereich „Mobility“ an. Mit offener Zukunft, beispielsweise für Werke wie Hildesheim. Dass hier nun nicht die Abrissbirne einschlägt, sondern ein tragfähiger Kompromiss steht, ist Ergebnis eines engagierten Aushandlungsprozesses. Der Weg in die Schlichtung war, nach dem Abbruch auf betrieblicher Ebene, ein Schritt zurück an den Tisch. Das Schlichtungsergebnis enthält zentrale Elemente, die der IG Metall und dem Betriebsrat wichtig waren:
- Werkschließung abgewendet
- Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen
- Bis 2027 sozialverträgliche Personalreduzierung auf 550 Beschäftigte, diese erfolgt über Freiwilligenprogramme mit sozial abgefederten Anreizen
- bis 2032 weiterer Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen; durch eine verbindliche Mindesthaltelinie sind rund 420 Arbeitsplätzen garantiert
- Gemeinsame Intention von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ist es, den Standort langfristig zu erhalten. Hierfür müssen neben dem vorhandenen Bestandsgeschäft auch neue Serienprojekte gewonnen werden.
„Am Ende steht: Die Werkstore von Bosch in Hildesheim öffnen auch noch in den 2030er-Jahren! Zugleich wird der Standort schrumpfen. Für die Region ist das kein Grund zum Jubeln, dennoch bleibt grundsätzlich Wertschöpfung, Produktion und Beschäftigung vor Ort erhalten. Es konnte verhindert werden, dass Hildesheim zur Blaupause für kalten Rückzug wird. Statt Stilllegung auf Raten gibt es nun Planungssicherheit für mehrere Jahre. Zunächst verliert niemand betriebsbedingt den Arbeitsplatz – das ist ein großes Pfund in der aktuellen Industrielage!“, erklärt IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger.
„Wir haben das Schlimmste verhindert: Nämlich das substanzlose Ausbluten des Standorts. Eine Schließung wäre der Supergau gewesen, aber auch ein Erhalt des Standortes ohne neue Produkte wäre ein Sterben auf Zeit gewesen. Die Einigung ermöglicht eine Transformation mit Struktur, mit Respekt und mit Augenmaß – statt schleichender Abwicklung. Dass Stellen wegfallen, ist für die Region bitter. Doch anders als ursprünglich befürchtet, wurde der radikale Rückbau durch verbindliche Haltelinien, einen langfristigen Zeithorizont und umfangreiche soziale Absicherungen ersetzt. Der unkontrollierte Personalabbau – mit all seinen Folgen für die Belegschaft, ihre Familien und die gesamte Region – ist vom Tisch.“, so Karoline Kleinschmidt, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim.
„Die Kolleginnen und Kollegen in Hildesheim haben in den vergangenen Monaten Außergewöhnliches geleistet – unter dem Druck einer drohenden Werksschließung, bei unklarer Zukunft und mit einem Management, das lange jede Perspektive schuldig blieb. Trotz allem wurde hier Tag für Tag exzellente Arbeit gemacht – und das wird auch so bleiben. Denn Hildesheim hat Zukunft, wenn man es denn will. Dass nun neue Aufträge zugesagt sind, ist ein Schritt in die richtige Richtung – entscheidend ist aber, dass Bosch Wort hält und Vertrauen zurückgewinnt. Das Band der sogenannten Bosch-Familie ist in Hildesheim stark strapaziert worden. Es zu flicken, liegt nun am Konzern.“, führt Stefan Störmer, Betriebsratsvorsitzender des Bosch-Werkes (HiP) in Hildesheim aus.
Am Standort Bosch Hildesheim (HiP) arbeiten derzeit rund 1.100 Beschäftigte. Das Werk ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Industrie in der Region. Gefertigt werden dort u. a. Komponenten für die Elektromobilität – hochpräzise Einspritztechnik, elektronische Systeme, anspruchsvolle Fertigungslinien.
Für Rückfragen: Karoline Kleinschmidt, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim,karoline.kleinschmidt@igmetall.de
Quelle: IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Presseinformation vom 9. Oktober 2025.